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Der nackte Luther am Freitag in Leipzig – Kunstaktion zum Evangelischen Kirchentag entblößt die dunklen Seiten des Reformators

Pressemitteilung vom 24.05.2017

Während in Leipzig der Evangelische Kirchentag 2017 gastiert, präsentiert die Giordano-Bruno-Stiftung (gbs) ab Freitagmittag (26. Mai) ihre Kunstaktion "Die nackte Wahrheit über Martin Luther" in der Leipziger Innenstadt.



Bild: Evelin Frerk

Die über vier Meter hohe Skulptur zeigt eine nackte Lutherfigur mit geöffnetem Mantel. Auf der Innenseite des Mantels prangt ein Zitat des Philosophen Karl Jaspers: "Luthers Ratschläge gegen die Juden hat Hitler genau ausgeführt". Auf der Rückseite sind die judenfeindlichen Ratschläge des Reformators, u.a. Niederbrennen der Synagogen, Zwangsenteignung und Zwangsarbeit für Juden, zu lesen. (Luthers genaue Formulierungen können in der zur Aktion gehörenden Broschüre 'Martin Luther: Volksheld, Hassprediger, Antisemit' nachgelesen werden.)

"Mit der Kunstfigur klären wir darüber auf, dass Luthers Antisemitismus eben nicht nur dem damaligen Zeitgeist entsprach, sondern weit über diesen hinausging. Seine 7 Forderungen zum Umgang mit den Juden waren direkte Vorlage für den Holocaust." sagt Jana Steinhaus, von der Leipziger Regionalgruppe der Giordano-Bruno-Stiftung (gbs Leipzig). "Nach heutigen Maßstäben war Luther einer der größten Hassprediger, die das Christentum hervorgebracht hat. Trotzdem vergeht fast keine Woche, in der die Stadtverwaltung nicht kräftig am Luther-Kult mitwirkt."

Fotos von der Aktion zur freien Verwendung finden Sie unter folgendem Link (wird laufend aktualisiert): https://drive.google.com/open?id=0B8yRWjm-2xtOMG9lLVJzMW5WMU0

Jana Steinhaus ergänzt: "Selbst wenn man über diese Schattenseiten hinwegsehen und Martin Luther feiern wollte, so stehen die bundesweiten Kosten in Höhe von rund einer Viertel Milliarde Euro in keinerlei Verhältnis zum Gedenken an andere Jubiläen."

Nach Berechnungen der Forschungsgruppe Weltanschauungen in Deutschland (fowid) bezuschusst die öffentliche Hand die Feierlichkeiten im Rahmen der "Luther-Dekade" mit insgesamt mehr als 250 Millionen Euro aus allgemeinen Steuergeldern.

Darunter befinden sich auch die 950.000 Euro, mit denen die Stadt Leipzig den "Evangelischen Kirchentag auf dem Weg" in Leipzig subventioniert. Jana Steinhaus: "Nach dem Katholikentag 2016 verstößt die Stadt erneut gegen den Grundsatz der weltanschaulichen Neutralität. Anstatt selbst eine kritische Reflexion Luthers auf die Beine zu stellen, überreicht die Stadt der evangelischen Kirche einen Blankoscheck und macht somit den Bock zum Gärtner. Nach dieser Logik könnte man auch der Atom-Lobby eine Million Euro geben für die Organisation einer Tagung, die sich mit der Frage beschäftigt, ob Deutschland aus der Kernernergie aussteigen sollte oder nicht."

Leipzig zahlt für den Kirchentag damit fast genauso viel wie für den Katholikentag im vorangegangenen Jahr. Während man beim Katholikentag aber ursprünglich noch mit 80.000 Besuchern rechnete (es kam jedoch nur die Hälfte), hat man in Leipzig die Erwartungen von ursprünglich 50.000 auf nun sogar nur 35.000 Besucher herabgesetzt. Wie beim Katholikentag steht auch hier zu Bezweifeln, dass selbst diese Zahl erreicht wird.

Diese Zahlen sind brisant – dienen die hohen Besucherzahlen doch immer wieder als Basis für die behauptete Umwegrendite, wonach der städtische Barzuschuss durch die Ausgaben der Besucher ins Stadtsäckel zurückfließe. Jens Tobias von der gbs Leipzig meint hierzu: "Diese Milchmädchenrechnung hat die Stadtverwaltung selbst widerlegt: In ihrer eigenen Auswertung zum Katholikentag im letzten Jahr schätzt sie, dass lediglich Steuermehreinnahmen in Höhe von 180.000 Euro erzielt wurden. Unterm Strich war es also ein Minusgeschäft für die hochverschuldete Stadtkasse. Dieses Jahr nehmen sich die Veranstaltungsorte auch noch gegenseitig die potentiellen Besucher weg, da es nicht nur einen zentralen Kirchentag in Berlin geben wird, sondern auch noch 8 kleinere sogenannte ,Kirchentage auf dem Weg‘ in Thüringen, Sachsen und Sachsenanhalt – ganz Ostdeutschland soll ,lutherifiziert‘ werden."

Um auf das Problem der öffentlichen Finanzierung von kircheninternen Veranstaltungen aufmerksam zu machen, hat das Team um David Farago neben "dem nackten Luther" eine zweite mobile Großplastik im Gepäck, nämlich den inzwischen berühmt-berüchtigten "Moses" mit dem "11. Gebot: Du sollst deinen Kirchentag selbst bezahlen!", der in den letzten Jahren durch ganz Deutschland gereist ist. Beim Katholikentag 2016 in Leipzig erhielt die Kunstaktion beim Abschlussgottesdienst einen Platzverweis. Das Ordnungsamt begründete dies damals damit, dass es nicht sicher sein könne, ob nicht "Waffen oder Sprengstoff in der Skulptur versteckt" seien.

"Wir werden die Moses-Aktion weiterführen, bis dieser Unfug beendet ist", sagt Farago. "Es ist nicht hinnehmbar, dass hochverschuldete deutsche Städte, die keine Gelder mehr für die Verbesserung ihrer Kitas aufbringen können, die Glaubensfeste milliardenschwerer Kirchen mit Millionenbeträgen subventionieren!"