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Keine Kanzel! Kein Gottesdienst! Keine Kirche! Für ein weltliches Paulinum!

Leipziger Humanisten und Atheisten rufen zur Demo auf

Die gbs Leipzig ruft zusammen mit dem Internationalen Bund der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA)* auf zur Demonstration: 

"Keine Kanzel! Kein Gottesdienst! Keine Kirche! Für ein weltliches Paulinum!" 

Am 3. Dezember 2017 wird mit einem Festgottesdienst die »Universitätskirche St. Pauli« eingeweiht. Das Paulinum darf aber nicht in eine "Universitätskirche" umgedeutet werden! Wir nehmen daher am 2. Dezember 2017 um 13:00 Uhr vor dem Paulinum eine "symbolische ENTweihung" vor, damit auch der letzte Ewiggestrige endlich versteht: Im Paulinum ist eine Aula und keine Kirche! Hierzu rufen wir alle säkular denkenden Menschen in Leipzig – egal ob gläubig oder ungläubig – auf, sich uns anzuschließen.

Durch einen Klick können Sie die Vorder- bzw. Rückseite unseres Flyers vergrößern. 

Im folgenden finden Sie eine etwas ausführlichere Stellungnahme zu den folgenden Punkten: 

Was ist der Anlass für unsere Demonstration? 

Weshalb wird die Kanzel in der Aula angebracht? 

Aber im offiziellen Namen heißt es doch auch »Universitätskirche St. Pauli«?

Aber war die Sprengung nicht Unrecht? 

Was sagt unsere Verfassung dazu? 

Sollten auch andere Religionen die Aula nutzen dürfen? 

Was hat der Paulinerverein damit zu tun? 

Wissen STATT Glauben – die Uni benötigt ein geistiges, aber KEIN geistliches Zentrum! 

Was wollen wir dagegen unternehmen? 

Was ist der Anlass für unsere Demonstration?

Am 3. Dezember 2017 wird mit einem Festgottesdienst die »Universitätskirche St. Pauli« eingeweiht. Dies stellt den vorläufigen Höhepunkt der Instrumentalisierung des Neubaus einer Universitätsaula für kirchliche Zwecke dar.

Aller Wahrscheinlichkeit nach wird nun auch noch eine Kanzel im Paulinum angebracht – aber nicht etwa in dem Andachtsraum, sondern in der eigentlich weltlichen Aula der Universität.

Der Paulinerverein fordert »die Anerkennung der öffentlich-rechtlichen Sachherrschaft der Landeskirche (res sacra Status) für den gesamten als "Aula/Kirche" bezeichneten Bauteil«. Diese soll in einer Nutzungsvereinbarung zwischen dem Freistaat Sachsen, der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens, der Universität Leipzig sowie der Theologischen Fakultät festgehalten werden. Mit anderen Worten: Die Universität soll zur Bittstellerin werden und sich für die Nutzung ihrer eigenen Aula die Erlaubnis der Kirche holen müssen.

Das Paulinum darf aber nicht in eine "Universitätskirche" umgedeutet werden! Mit dem Einbau der Kanzel würde der Universität die weltliche Aula genommen und durch eine eindeutig christlich definierte Versammlungsstätte ersetzt werden.

Weshalb wird die Kanzel in der Aula angebracht?

Ursprünglich sollte der Senat der Universität entscheiden, ob die alte Kanzel (die aus der 1968 gesprengten Kirche gerettet wurde) wieder angebracht wird oder nicht. Doch bei der Baueröffnungsfeier im August 2017 hatte der sächsische Finanzminister Unland überraschend angekündigt, dass nun eine "Kanzelkommission" darüber entscheiden soll, ob die alte Kanzel in der Aula aufgestellt wird. Ziel einer solchen (erneuten!) Kommission kann es nur sein, das Selbstverwaltungsrecht der Universität auszuhebeln und so das Risiko einer negativen Entscheidung zu umgehen.

Aber im offiziellen Namen heißt es doch auch »Universitätskirche St. Pauli«?

Man darf sich nicht täuschen lassen von dem getroffenen Kompromiss bei der Namensgebung: "Paulinum: Aula · Universitätskirche St. Pauli". Der Name wurde nur auf Druck der evangelischen Landeskirche um den Zusatz "Universitätskirche St. Pauli" erweitert, doch die Kirche hätte gar nicht in der Vermittlungskommission sitzen dürfen. Wenn der Staat und die Universität eine Aula bauen, geht das die Kirche nichts an! Schon vor dem Namenskompromiss war 2003 das gesamte Rektorat der Universität aus Protest gegen derartige Einmischungen zurückgetreten.

Aber war die Sprengung nicht Unrecht?

Uns geht es nicht um eine Relativierung der Zerstörung der alten Kirche. Aber was geschehen ist, kann nicht mehr rückgängig gemacht werden. Hätte der Freistaat Sachsen als Wiedergutmachung für die Sprengung die Kirche wieder aufbauen wollen, hätte diese eindeutig getrennt sein müssen von der Aula der Universität. Es ist zwar zulässig, dass das Paulinum in Erinnerung an das alte Gebäude wie eine Kirche aussieht – aber deswegen ist es noch lange keine Kirche!

Was sagt unsere Verfassung dazu?

Wenn der Freistaat Sachsen besser sein will als die DDR, dann täte er gut daran, sich an das Grundgesetz zu halten. Wir haben in der Verfassung den Grundsatz der Trennung von Staat und Kirche (siehe hier). Dieses Prinzip gilt vor allem institutionell, d.h. eine öffentliche Hochschule darf nicht mit einer Kirche verbunden sein. Und erst recht muss diese Trennung bei den Finanzen beachtet werden: Mit Hochschulgeldern darf daher keine Kirche gebaut werden!

Sollten auch andere Religionen die Aula nutzen dürfen?

Universität und Staat sind zur weltanschaulichen Neutralität verpflichtet. Diese wird aber mit Füßen getreten, wenn die Universität ihre Räume nur für christliche Gottesdienste zur Verfügung stellt, obwohl über 70 Religionen und Weltanschauungen in Leipzig vertreten sind. Die Lösung kann aber nicht darin bestehen, nun allen Gruppierungen die Aula zur Verfügung zu stellen, denn dann würde die universitäre Nutzung massiv behindert werden.

Die Gleichbehandlung ist nur gesichert, wenn keine Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft das Paulinum für ihre Zwecke nutzen darf. Parteiveranstaltungen finden darin ja auch nicht statt.

Es ist überhaupt nicht die Aufgabe der Universität oder des Staates, sich um Glaubensfragen zu kümmern. "Der Gedanke der Fürsorge des Staates in Glaubensangelegenheiten ist dem Grundgesetz fremd." (Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, Band 44, S. 37 [52 f.])

Was hat der Paulinerverein damit zu tun?

Der Paulinerverein versucht seit Jahren massiv, das Hochschulgebäude mehr und mehr in eine Kirche umzudeuten. Diese christliche Lobbygruppe sieht in dem Gebäude den Wiederaufbau der gesprengten Universitätskirche St. Pauli und fordert die kirchliche Entscheidungsbefugnis über seine Nutzung. Doch wenn eine Religionsgemeinschaft (gleich welcher Konfession) ein Gebäude zur Verehrung ihres Gottes benötigt, dann muss sie dieses selbst bezahlen!

Wissen STATT Glauben – die Uni benötigt ein geistiges, aber KEIN geistliches Zentrum!

Bei dem Streit geht es nicht nur um die Bezeichnung als "Universitätskirche St. Pauli", sondern auch um die Nutzung des Paulinums: Gottesdienste und eine Kanzel in der Aula – das passt nicht zur Universität als einem Ort der Wissenschaft!

Kritik üben wir auch an der Äußerung von Ministerpräsident Tillich im Rahmen der Baueröffnungsfeier im August, wonach im Paulinum "Glaube und Wissen wieder zusammen kommen". Tatsächlich stellen Glaube und Wissenschaft seit jeher einen unvereinbaren Widerspruch dar. Nicht zu vergessen ist auch, dass gerade die Wissenschaftsfreiheit gegen massiven Widerstand der Kirchen erkämpft wurde. Hieran werden wir mit der Skulptur "Der Quengel-Bischof" erinnern, die in Leipzig bisher noch nicht gezeigt wurde.

»Gleich welchen Aspekt des modernen Rechtsstaats wir auch fokussieren, ob die Freiheit der Meinungsäußerung, die Frage der sexuellen Selbstbestimmung oder die Gleichberechtigung von Mann und Frau: Die Religionen waren summa summarum keine Motoren, sondern Bremsklötze des kulturellen Fortschritts – und sie sind es bis zum heutigen Tage geblieben!« [zititert nach Michael Schmidt-Salomon]

Deshalb weisen wir auch die Forderung des Ex-Thomaskirchen-Pfarrers Christian Wolff zurück: "Die als geistliches Zentrum der Uni konzipierte Universitätskirche hat nur dann Sinn, wenn sie von der Universität als notwendiger Teil des Wissenschaftsbetriebes des 21. Jahrhunderts verstanden wird." – wir meinen: Die Universität benötigt ein geistiges, aber kein geistliches Zentrum.

Was wollen wir dagegen unternehmen?

Wir nehmen am 2. Dezember 2017 um 13:00 Uhr vor dem Paulinum eine "symbolische ENTweihung" vor, damit auch der letzte Ewiggestrige endlich versteht: Im Paulinum ist eine Aula und keine Kirche! Hierzu rufen wir alle säkular denkenden Menschen in Leipzig – egal ob gläubig oder ungläubig – auf, sich uns anzuschließen.

Darüber hinaus werden wir den ganzen Freitag und Samstag die Menschen vor dem Paulinum über diese enge Verflechtung von Staat und Kirche aufklären. Hierzu haben wir 2 überlebensgroße Skulpturen dabei: Der "Moses" mit seiner Steintafel ist schon durch unseren Protest gegen die Subventionierung der Kirchentage bekannt (www.11tes-gebot.de). Diesmal wird er das "12. Gebot" verkünden: "Du sollst Deine Kirche selbst bezahlen!" Die Skulptur "Der Quengel-Bischof" erinnert daran, dass unsere modernen Werte gegen den erbitterten Widerstand der Kirchen erkämpft werden mussten – auch deshalb haben Kanzel, Gottesdienste und eine Kirche in einem Hochschulgebäude nichts zu suchen.

An die Universität richten wir den Appell,

  • dem Paulinerverein gegenüber standhaft zu bleiben,
  • sich gegen die Anbringung der Kanzel zu wehren und
  • die Aula nicht für Gottesdienste zur Verfügung zu stellen!

Kontakt: 

E-Mail: m.steinhaus [at] gbs-le.de 

*Im Internationalen Bund der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA) haben sich nichtreligiöse Menschen zusammengeschlossen, um die allgemeinen Menschenrechte – insbesondere die Weltanschauungsfreiheit – und die konsequente Trennung von Staat und Religion durchzusetzen. Wir treten ein für individuelle Selbstbestimmung, wollen vernunftgeleitetes Denken fördern und über die gesellschaftliche Rolle von Religion aufklären. Die Grundsätze, Ziele und Forderungen des IBKA sind ausführlich im Politischen Leitfaden niedergelegt. 

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